Mit 14 war ich Dom-Bote. Ich habe freitags nach der Schule einen ganzen Packen Kirchenzeitungen im Pfarrbüro abgeholt und anschließend an die Haushalte verteilt, die diese Kirchenzeitung bestellt haben. Da mein Gebiet recht langgezogen war, bin ich oft mit dem Fahrrad gefahren. Ich habe die Verteilung immer so geplant, dass ich meine Route bei dem Kunden beendete, der in der Nähe des Fredenbaumparks wohnte. Da habe ich dann anschließend eine kleine Pause eingelegt und mich an irgendeinen Baum gesetzt und gelesen 🤗
Einmal pro Monat musste ich damals auch noch das Geld für die Kirchenzeitungen einsammeln. Diese Aufgabe war mir mit 14/15 total unangenehm. Obwohl die Gemeindemitglieder ja die Zeitungen bestellt haben, habe ich mich irgendwie unwohl gefühlt, wenn ich geklingelt habe und den Leuten gegenüberstand, um Geld einzufordern. Ich glaube einige haben mir dies angemerkt, denn es gab eigentlich immer ein nettes Wort und irgendwelchen Süßkram dazu. Eine Dom-Kundin wusste, dass ich gerne und viel gelesen habe und hat mir regelmäßig Bücher ihrer Enkeltochter dazugegeben 🥰
Mit 16/17 habe ich ein paar Kindern aus der Kirchengemeinde ehrenamtlich Flötenunterricht bei uns im Jugendtreff gegeben. Einige Eltern haben mich dann auch angesprochen, ob ich ihren Kindern evtl. bei den Hausaufgaben helfen konnte – das führte dann zum nächsten kleinen Job. Die Hausaufgabenhilfe bzw. Nachhilfe habe ich aber nicht lange gemacht, da ich selber in Mathe absolut abgerutscht bin und dementsprechend Zeit brauchte, um selber zur Nachhilfe zu gehen…
Als ich mein Mathetief mehr oder weniger überwunden habe, habe ich mit 17/18 bei einer Zeitung die Daten für Probeabos im System eingepflegt. Das war ehrlicherweise eine recht stumpfsinnige Arbeit und dazu auch noch in dem Großraumbüro, in dem meine Mutter in der Anzeigenannahme und dem Kundendienst dieser Zeitung gearbeitet hatte = ich fühlte mich irgendwie immer beobachtet. Sowohl von ihr als auch von ihren Kolleginnen 🙈 Daher war ich auch nicht wirklich lange dort.
Mit 18 bin ich dann von zuhause ausgezogen, da ich mit meiner Tochter schwanger war. Ich bin von Dortmund an den Niederrhein gezogen und war dort dann erst einmal Mutter und Hausfrau.
Als Lena knapp 1 Jahr alt war und ich 20, bin ich über das Arbeitsamt in eine Eingliederungsmaßnahme für junge Mütter gekommen. Die meisten Mütter und ihre Kinder waren älter als Lena und ich und haben somit auch eine längere Elternzeit genutzt, aber tatsächlich war bei uns das Geld sehr knapp damals und mein Ziel war es, eine Ausbildungsstelle zu finden, die Ausbildung zu beenden und anschließend dann ein zweites Kind bekommen, noch bevor Lena in die Grundschule geht 😎
Meine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten habe ich 2004 angefangen. Dank der vorherigen Maßnahme habe ich auch keine Vollzeitausbildung gemacht sondern nur 30 Stunden gearbeitet (die Schulstunden wurden mit eingerechnet). So hatte ich trotz Arbeit und Schule + Lernzeit noch genug Zeit für Lena. Meine Ausbildung habe ich im Mai 2007 abgeschlossen und bin direkt auch in der Rechtsanwaltskanzlei geblieben. Im September 2008 kam dann Collin zur Welt und Lenas Einschulung war im August 2009 – meine Planung ging also auf 😅
Nach der Elternzeit mit Collin bin ich auch wieder zurück in diese Kanzlei und offiziell war ich bis Mai 2022 dort angestellt.
Aber eigentlich war mein letzter richtiger Arbeitstag Ende März 2018. Danach kam die Bauchspiegelung, bei der das Schwannom entdeckt wurde. Die OP, in der dieses Schwannom entfernt wurde, folgte 14 Tage später und dann kam die Sache mit der Peroneusparese, die mein Leben seither ein bisschen auf den Kopf gestellt hat. Im August 2018 hat sie Tilman angekündigt – zwischendurch habe ich zwei oder drei Tage Wiedereingliederung gehabt, aber abgebrochen, da ich zu dem Zeitpunkt noch wirklich schlecht gelaufen bin (für 500m habe ich gut 30 Minuten mit Gehhilfen gebraucht…). Im Mai 2019 kam Tilman zur Welt und ich bin für drei Jahre in Elternzeit gegangen.
Gegen Ende der Elternzeit habe ich dann überlegt, ob ich wieder zurück in die Kanzlei gehen möchte und zurück in meinen alten Beruf. Die Antwort war schnell klar und so habe ich meinen Job gekündigt und mich im Januar 2022 selbstständig gemacht. Seither arbeite ich als Schreibkraft von zuhause aus – ich schreibe u.a. Gutachten und OP-Berichte nach Diktat, aber auch Rechtsanwaltsschreiben begleiten mich weiterhin durch meinen Arbeitsalltag 🙃 Dazu schreibe ich Blogposts als Ghostwiter für andere Blogs 🙊 und eine Zeit lang habe ich auch kleinere Schreibaufträge u.a. für Onlineshops bekommen. Hier ist aktuell allerdings die KI mein größter Konkurrent 🥺
Ich hoffe, dass ich diese Arbeit noch ein paar Jahre so machen kann, wie bisher. Dass ich irgendwann wieder zurück in eine Festeinstellung gehe, schließe ich nicht aus, aber gerade mit Kindergartenkind weiß ich die freie Zeiteinteilung sehr zu schätzen.